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Das Schicksal von Beziehungen

John Gottman (Paartherapeut und Psychologe aus den USA) analysierte in seiner Praxis die Häufigkeit und das Streitverhalten von Paaren. Überrascht stellte er dabei fest, dass die Häufigkeit von Streitgesprächen kaum etwas über das Schicksal einer Beziehung aus sagte. Allerdings war das Streitverhalten ausschlaggebend für die Eskalation von Konflikten. So formulierte Gottman zunächst vier, später fünf Eskalationsstufen und benannte sie entsprechend der biblischen Metapher Die Apokalyptischen Reiter. Jede dieser Stufen birgt eine beziehungsvernichtende Gefahr.


Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass konstruktiv streiten, lernbar und auch wieder erlernbar ist. Deshalb füge ich bei jeder Stufe auch einen ersten möglichen Ausweg mit an.

1. Kritik


Im Laufe einer Beziehung beschwert sich jeder Partner mal über den anderen. So ganz reibungslos ist ein Beziehungsalltag doch nie. Kritik und insbesondere destruktive Kritik beinhaltet jedoch oft persönliche Abwertung und verletzende Kommentare. Dann wird schnell verallgemeinert (zum Beispiel immer und nie tust du…).

➤ Hier ist es wichtig,  persönlicher Kritik in sachbezogene Beschwerden umzuformulieren. Denn man kann sich ganz wunderbar um eine Sache sachlich streiten. (werde nun den Müll rausbringt), statt den Partner in seiner Persönlichkeit zu kritisieren (du bist unordentlich, du  interessierst dich nicht o.ä.).



2. Verteidigung


Wenn man sich angegriffen fühlt, verteidigt man sich instinktiv. Doch dieser Verteidigungsrelex beinhaltet oft einen Gegenangriff: "Ja, aber… das stimmt doch gar nicht… du hast doch zuerst…" Plötzlich geht es gar nicht mehr um die eigentliche Sache, sondern nur noch darum, den Vorwurf des anderen abzuwehren und diesen mit einem Gegernvorwurf zu untermauern.

➤ Statt also sofort in den Abwehr- und Gegenvorwurfsmodus zu wechseln, ist es hilfreich, den Zeitraum zwischen dem Reiz und der eigenen Reaktion auszudehnen und konstruktiv zu nutzen (z.B. um zu prüfen, worum es wirklich geht oder einfach nochmal durchzuatmen).



Mann und Frau streiten


3. Verachtung


Wenn Paare in der gegenseitigen Verachtung angekommen sind, wird es schon etwas schwierig. Spott und Zynismus mischen sich mit verbalen oder körperlichen Respektlosigkeiten: Beleidigungen, Auslachen, Augenrollen… das Waffenarsenal ist hier sehr vielfältig.

➤ In dieser Phase braucht es dringend Abstand, damit sich die negativen Gedanken über den anderen nicht verselbstständigen und unkontrollierbar werden.


4. Mauern oder Rückzug


Ein gutes Gespräch ist wie ein Pingpong Spiel. Jeder ist mal dran, man spielt sich die Bälle zu, ist offen und neugierig, was vom anderen zurückkommt. Wenn jemand doch beginnt, zu mauern und zu signalisieren, hier gibt es keine Interaktion mehr, ist das das Ende von Kommunikation. Dem anderen wird signalisiert: Es ist mir egal, was du sagst oder tust. Ich höre dir nicht zu, ich schaue weg oder ich verlasse sogar den Raum. Ein Gesprächsabbruch dieser Art, kann manchmal wohl eine Notlösung sein, wenn sich jemand nicht anders zu helfen weiß. Wenn dies jedoch in Konflikten nicht Ausnahme, sondern Regel wird, ist die Beziehung ernsthaft in Gefahr.

➤ Spätestens an diesem Punkt ist dringend Hilfe von außen nötig.



5. Machtdemonstration


Diesen Apokalyptischen Reiter hat Gottman erst später zu seinem Konzept hinzugefügt. Wird auf den alleinigen Machtanspruch und die Deutungshohheitüber alle Dinge gepocht und die Bedürfnisse oder Interessen des Partners rücksichtslos negiert, ist klar: die Bereitschaft für einen Konsens oder Kompromisse ist nicht mehr da. "Meine Regeln oder keine!", heißt es dann. Ist es in dieser Phase möglich, wieder das Interesse an einer Beziehung auf Augenhöhe zu wecken? Ich bin davon überzeugt, dass auch an diesem Punkt noch vieles möglich ist. Allerdings entscheiden sich manche Paare an dieser Stelle auch, sich im Streit zu trennen oder einer so genannten Verbitterungsbeziehung zusammenzubleiben?

➤ Ein moderiertes Gespräch bei einem Paartherapeut/in oder Beziehungscoach kann helfen, herauszufinden, was man an diesem Punkt noch voneinander möchte oder auch nicht.



Liebesbeziehungen brauchen Achtsamkeit ein immerwährendes Hinsehen.


Wie streiten wir miteinander? Wie gehen wir nach einem Streit miteinander um? Worum streiten wir immer wieder? Gelingen uns gute Fortschritte?


Liebesbeziehungen brauchen Zuversicht.


Weil immer irgendetwas geht. Nicht immer schaffen es Paare alleine, einen guten Dreh hinzubekommen. Dafür gibt es paar Coaches und Paartherapeuten. Sich Unterstützung zu holen, ist kein Zeichen von Schwäche oder Scheitern, sondern vielmehr ein Statement: Wir sind uns wichtig und wir nutzen Angebote im Außen, wenn wir selbst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen können. Klingt das lohnenswert für euch?





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